Sommerliche Hitze als Minderungs- oder Kündigungsgrund?
Zweifellos beeinträchtigt große Hitze den Mietgebrauch in Wohnungen nicht minder als in gewerblich genutzten Räumen.
Bei der Beantwortung der Frage, ob Hitze ein allgemeines Lebensrisiko ist oder hieraus ein Abhilfeanspruch, ein Minderungsrecht oder gar ein Kündigungsrecht des Mieters folgt, kommt die Rechtsprechung bislang zu durchaus abweichenden Ergebnissen.
Wie meist verbietet sich eine generelle Aussage, sondern kommt es auf das Alter und den Zustand der Mieträume bei Anmietung, Nutzungsart und etwaige besondere Vereinbarungen an (OLG Frankfurt, Urteil vom 19.01.2007 – 2 U 106/06).
Rechtliche Anforderungen an den Wärmeschutz gibt es seit 1952. Allerdings sah die DIN 1408 „Wärmeschutz im Hochbau“ aus dem Jahre 1952 nur Mindestwanddicken vor. Die insbesondere seit Einführung der Energieeinsparverordnung von 2008 bis heute ständig verschärften Anforderungen bis hin zum aktuell geltenden Gebäudeenergiegesetz lassen sich wegen ihrer Umfänglichkeit hier nicht referieren, ihre Einhaltung nur durch einen Sachverständigen feststellen. Gleichwohl ist die Einhaltung der bei Gebäudeerrichtung geltenden DIN-Normen und Gesetze auch mietrechtlich ein maßgeblicher Gesichtspunkt.
Bei Betriebsstätten sind die Technische Regeln für Arbeitsstätten ASR A3.5 zu beachten, wonach u.a. Bauteile mit geeigneten Sonnenschutzsystemen auszurüsten sind, wenn die Sonneneinstrahlung durch Fenster, Oberlichter und Glaswände zu einer Erhöhung der Raumtemperatur über +26° C führt. Dies verpflichtet aber originär den Arbeitgeber, ob es auch den Vermieter trifft, beurteilen die Gerichte unterschiedlich (Nein: KG, Urteil vom 05.03.2012 – 8 U 48/11).
Der bauliche Zustand eines Gebäudes bei Mietbeginn läßt in der Regel kaum Schlüsse auf zureichenden oder unzureichenden Wärmeschutz zu. Bei Erstbezug oder als hochwertig gepriesenen Räumen ist die Erwartung eines ausreichenden Wärmeschutzes gerechtfertigt. Bauliche Veränderungen, die zu einer höheren Wärmebelastung, führen hat der zu verantworten, der sie vornimmt (OLG Naumburg, Urteil vom 13. 10. 2009 – 9 U 45/09).
Vereinbarungen zu Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs finden sich regelmäßig in Gewerberaummietverträgen. Das Fehlen einer Klimaanlage stellt für sich genommen noch keinen Mangel dar. Regelungen, wonach es dem Mieter obliegt, zuträgliche Bedingungen zu schaffen, finden ihre Grenze dort, wo sich die Beeinflussung der Raumtemperatur der Einflussnahme des Mieters entzieht, etwa bei zentral gesteuerten Klimaanlagen. Die Mieträume müssen generell zur vorgesehenen Nutzung geeignet sein. In Wohnungsmietverträgen kann davon bestenfalls durch Individualvereinbarungen abgewichen werden.
Wann ist es nach mietrechtlichen Gerichtsentscheidungen zu heiß?
OLG Düsseldorf, Urteil vom 4. 6. 1998 – 24 U 194–96: „Der Mieter eines Ladenlokals ist wegen Gesundheitsgefährdung zur fristlosen Kündigung berechtigt, wenn in einem „gewöhnlichen“ Sommer (Standardsommer) für mehrere Monate mit Innentemperaturen von mehr als 35 Grad Celsius gerechnet werden muß“. OLG Rostock, Urteil vom 17. Mai 2018 – 3 U 78/16: Die zum Betrieb eines Modegeschäftes vermieteten Räume müssen ein Raumklima und eine Innentemperatur der Mieträume aufweisen, die für den Betrieb eines solchen Geschäftes, in dem Mitarbeiter beschäftigt sind und Kunden Bekleidungsstücke auswählen und anprobieren, sowohl erforderlich als auch üblich sind. Hierzu gehört es, dass Raumtemperaturen von 26 °C nicht überschritten und 20 ° nicht unterschritten werden. AG Frankfurt/Main, Urteil vom 15.08.2022 – 33 C 1355/21: „Zum Mindeststandard einer Wohnung gehört, dass angemessene Temperaturen erreicht werden können. Herrschen in der Wohnung im Sommer durchgehend 40 Grad, so liegt ein erheblicher Mangel vor, der eine Mietminderung von 30% und mehr rechtfertigt.“
Fazit: Auch mietrechtlich ist das Thema steigender Temperaturen noch nicht bewältigt. Jedenfalls dann, wenn es auch bei allen dem Mieter zumutbaren Vorkehrungen zu heiß wird, kommen Ansprüche auf zusätzlichen Wärmeschutz und widrigenfalls eine Minderung oder eine Recht zu mangelbedingter Kündigung in Betracht.
Autor
Joachim Garbe-Emden
Rechtsanwalt und Notar
Partner