Liebe Leserinnen und Leser,
in der vorliegenden Ausgabe unseres Newsletters Bankrecht stellen wir Ihnen wieder aktuelle Entwicklungen aus Rechtsprechung und Praxis vor, die für Institute ebenso wie für Kundinnen und Kunden von Bedeutung sind.
Wir beginnen zunächst mit dem Verlust der Vorfälligkeitsentschädigung, ein Thema von erheblicher Relevanz für die Refinanzierungspraxis der Banken.
Danach beleuchten wir die rechtlichen Besonderheiten von Stopp-Loss-Vereinbarungen bei Fremdwährungsdarlehen, die in volatilen Zeiten sowohl Absicherung als auch Konfliktstoff bergen.
Ein weiteres Augenmerk gilt der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Kontokündigung gegenüber dem Mitglied einer Genossenschaftsbank zulässig ist – ein Spannungsfeld zwischen Mitgliedschaftsrechten und Vertragsfreiheit.
Schließlich greifen wir die jüngste Rechtsprechung auf, nach der die „Dreijahreslösung“ bei der unzulässigen Erhebung von Bankentgelten keine Anwendung findet – mit weitreichenden Folgen für Rückforderungsansprüche.
Viel Freude bei der Lektüre und bleiben Sie informiert – sowie gut beraten.
Herzliche Grüße,
Ihr SNP Bankrechtsteam
Bank verliert den Anspruch auf VorfälligkeitsentschädigungNach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist der Anspruch der Bank auf eine Vorfälligkeitsentschädigung bei einer vorzeitigen Darlehensrückzahlung ausgeschlossen, wenn die Angaben im Darlehensvertrag mit einem Verbraucher über deren Berechnung unzureichend sind. Diese Regelung wurde nun einer Bank zum Verhängnis. Der BGH entschied im Urteil vom 03.12.2004 (XI ZR 75/23), dass die Bank die Vorfälligkeitsentschädigung an den Kunden gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 1.Alt. BGB (sog. Leistungskondiktion) zurückbezahlen muss, da es am Rechtsgrund für die Vorfälligkeitsentschädigung aufgrund der unwirksamen Klausel mangele. Hintergrund des Rechtsstreits waren zwei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge, die der Kunde im Jahre 2018 bzw. 2019 jeweils mit einer Sollzinsbindung von 10 Jahren und einem jährlichen Sondertilgungsrecht von jeweils 10% der Darlehenssumme als Annuitätendarlehen bei der Bank abgeschlossen hatte. Ohne Sondertilgungen war eine vollständige Rückführung der Darlehen während der Sollzinsbindung ausgeschlossen. In Ziffer 7 der Verträge war dem Verbraucher eine vorzeitige Rückführung gegen Vorfälligkeitsentschädigung eingeräumt. Diese sollte nach der in Ziffer 8 der Verträge dargestellten Berechnungsmethode wie folgt ermittelt werden: „…Der Berechnung dieses Schadens wird der Darlehensgeber die vom Bundesgerichtshof für zulässig befundene Aktiv-Passiv-Berechnungsmethode zugrunde legen… . Danach wird berücksichtigt: Der Zinsverschlechterungsschaden als der finanzielle Nachteil aus der vorzeitigen Darlehensablösung, das heißt, die Differenz zwischen dem Vertragszins und der Rendite von Hypothekenpfandbriefen mit einer Laufzeit, die der Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens entspricht…“. Der Kunde wollte die Darlehen vor Ablauf der Sollzinsbindung zurückführen, woraufhin die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung auf Basis vorstehender Vertragsklausel bis zum Ende der Laufzeit der Sollzinsbindung berechnete. Diese bezahlte der Kunde unter Vorbehalt und machte anschließend Rückforderungsansprüche geltend. Damit hatte der Verbraucher Erfolg. Der BGH hielt die Klausel unter Hinweis auf Art 247 § 7 Abs 2 Nr. 1 EGBGB für nicht ausreichend klar und verständlich und damit gemäß § 502 Abs 2 Nr.2 BGB für unwirksam. Der BGH verweist zur Begründung auf seine ständige Rechtsprechung, wonach es zwar nicht erforderlich sei, eine finanzmathematische Berechnungsformel im Darlehensvertrag anzugeben, wohl aber die wesentlichen Berechnungsparameter. Hieran mangelte es nach Ansicht des BGH, weil man unter der Formulierung „Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens“ die voraussichtliche Gesamtlaufzeit und nicht nur die Zeit bis zum Ende der Sollzinsbindung verstehen könne. Eine Vorfälligkeitsentschädigung könne aber nach der Rechtsprechung nur für den Zeitraum der geschützten Zinserwartung beansprucht werden, also nur bis zum Auslauf der Sollzinsbindung. Die Klausel sei daher nicht ausreichend transparent und damit unwirksam. Anzumerken ist, dass eine Reihe von Instanzengerichten die identische Klausel für ausreichend transparent hielt, weil die wesentlichen Berechnungsparameter angegeben sind. Wegen eines bloßen Formulierungsfehlers wird kaum ein Kunde vom Vertragsschluss abgehalten, zumal die Vorgaben des BGH zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung, insbesondere dahingehend, ob diese tatsächlich nur auf Basis der geschützten Zinserwartung berechnet ist (vgl. zuletzt BGH Urteil v- 12.03.2024 -XI ZR 159/23) jederzeit gerichtlich überprüfbar wäre. |
In seinem Urteil vom 10.09.2024 (XI ZR 165/22) hat sich der BGH mit den Schadensersatzansprüchen eines Kunden im Zusammenhang mit einem CHF-Fremdwährungsdarlehen befasst.
Zur Umschuldung eines bestehenden CHF-Darlehens nahm der Kunde auf Vermittlung seiner Hausbank bei einer luxemburgischen Bank ein neues CHF-Darlehen auf. Mit der Hausbank schloss der Kläger einen Avalkreditvertrag ab, damit diese eine Garantie als Sicherheit gegenüber der Darlehensgeberin des CHF-Darlehens übernahm. Im Avalkreditvertrag wurde auf die Fremdwährungsrisiken hingewiesen, ebenso auf die Möglichkeit, diese Risiken durch die Vereinbarung einer Stopp-Loss-Order einzugrenzen, wobei die Hausbank den Kunden nochmals gesondert darauf hinwies, dass der Limitkurs auch deutlich unterschritten werden kann. Zwischen Hausbank und Kunde war vereinbart, dass beim Erreichen des vereinbarten Limits durch die Bank der benötigte CHF-Betrag gekauft und zur Ablösung des Fremdwährungsdarlehens verwendet wird.
Nachdem die Schweizerische Nationalbank am 15.1.2015 die Wechselkursbindung aufhob, fiel der Wechselkurs innerhalb weniger Minuten drastisch unter das vereinbarte Stopp-Loss-Limit. Am Folgetag erwarb die Hausbank auftragsgemäß zum Tageskurs CHF, wobei wegen des schlechten Wechselkurses ein deutlich höherer Betrag zu bezahlen war, als auf Basis eines Umtauschkurses zum Betrag des Stopp-Loss-Limits ursprünglich kalkuliert wurde. Den Aufwendungsersatzansprüchen seiner Hausbank aus der Stopp-Loss-Order hielt der Kunde daher Schadensersatzansprüche wegen einer behaupteten Verletzung von Aufklärungspflichten bei Abschluss der Stopp-Loss-Order sowie bei deren Umsetzung entgegen.
Mit seiner Argumentation konnte der Kunde gegen die Zahlungsansprüche seiner Hausbank jedoch nicht durchdringen. Der BGH entschied, dass dem Kunden weder aufrechenbare Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs.1 BGB aus einem Finanzierungsberatungsvertrag, noch Schadensersatzansprüche aus der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten (§§ 280 Abs 1, 241 Abs.2, 311 Abs.2 BGB) zustehen würden.
Im vorliegenden Fall liege ein Finanzierungsberatungsvertrag zwischen der Hausbank und seinem Kunden nicht vor, weshalb hieraus auch keine Schadensersatzanspruch wegen einer Pflichtverletzung nach § 280 Abs.1 BGB abgeleitet werden könnten. Zwar konstatierte der BGH, dass ein Finanzierungsberatungsvertrag, ähnlich einem Anlageberatungsvertrag, stillschweigend geschlossen werden könne, wenn der Kunde bei der Bank um fachmännischen Rat nachsuche. Ein konkludenter Abschluss eines Finanzierungsberatungsvertrages sei aber ohne weitere zusätzliche Umstände nicht anzunehmen, wenn der Kunde explizit nach einem neuen CHF-Darlehen, zur Umschuldung eines bereits bestehenden CHF-Darlehens anfragt.
Auch einen Schadensersatzanspruch aus Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten beim Abschluss der Stopp-Loss-Order verneinte der BGH. Grundsätzlich habe eine Bank ungefragt nur über die konkreten Konditionen des Kredits aufzuklären. Durch den Hinweis, dass der Wechselkurs deutlich unter das vereinbarte Limit fallen könne, habe die Bank ihre Aufklärungspflichten erfüllt. Insbesondere bei einem mit Fremdwährungsdarlehen vertrauten Kunden, müssten keine weiteren Erläuterungen, z.B. zur Wahrscheinlichkeit eines Kursabsturzes und zu technischen Eigenheiten bei der Orderausführung gemacht werden, so der BGH.
Mit Urteil vom 15.10.2024 (XI ZR 50/23) entschied der BGH, dass es für die Kündigung einer Giro-Kontoverbindung durch eine Genossenschaftsbank keine Rolle spiele, ob der Kunde Mitglied der Genossenschaft ist. Der Geschäftsverkehr mit dem Kunden finde außerhalb des Mitgliedschaftsrechtes auf rein schuldrechtlicher Beziehung statt. Bank und Mitglied würden sich insoweit wie außenstehende Dritte gegenüberstehen. Das Girokonto sei als Zahlungsdiensterahmenvertrag gemäß § 675 h BGB ordentlich kündbar und die in Ziff 19 I AGB vorgesehene Mindestkündigungsfrist genüge der gesetzlichen Frist für eine ordentliche Kündigung.
Auch der gekündigte Depotvertrag sei ein Geschäftsbesorgungsverhältnis mit dienst- und verwahrungsrechtlichen Komponenten und deshalb gem. § 696 BGB jederzeit auflösbar. Da sich die Kündigung außerhalb der Genossenschaft abspiele, könne der genossenschaftliche Förderzweck auch nicht herangezogen werden, um eine Unwirksamkeit der Kündigung zu begründen.
Mit Urteil vom 19.11.2024 (XI ZR 139/23) entschied der BGH, entgegen der herrschenden Ansicht in der Fachliteratur und zahlreicher Instanzgerichte, die sog. „Dreijahreslösung“ bei unwirksamen Preisanpassungsklauseln in Energielieferverträgen sei nicht auf die Rückforderung von Entgelten, die durch Kreditinstitute aufgrund unwirksamer Zustimmungsfiktionsklauseln erhoben wurden, anzuwenden. Nach der „Dreijahreslösung“ kann sich ein Kunde nicht mehr auf die Unwirksamkeit einer Energiepreisanpassung berufen, wenn er diese nicht innerhalb der dreijährigen Regelverjährung gem. § 195 BGB geltend macht (BGH-Urteil vom 14.03.2012-VIII ZR 113/11). Vielfach wurde diese Rechtsprechung auf die Rückforderung von Bankentgelten angewandt.
Nach Ansicht des Bankensenats des BGH ist diese Rechtsprechung jedoch nicht auf Bankentgelte übertragbar. Der BGH argumentiert, durch die Unwirksamkeit der Zustimmungsfiktionsklausel aufgrund des Urteils vom 27.04.2021 (XI ZR 26/20) sei eine Vertragslücke entstanden, die nicht durch ergänzende Vertragsauslegung, sondern gemäß §§ 306 II, 311 I, 145 ff BGB durch eine Vereinbarung zwischen Bank und Kunde zu schließen sei. Eine dreijährige Frist, binnen derer der Verbraucher das erhobene Bankentgelt beanstanden müsse, sehe die gesetzliche Regelung gerade nicht vor. Weiter führt der BGH aus, dass Kreditinstitute nicht unzumutbar belastet würden, da sie die Verträge kündigen könnten und die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB gelte. Letztere läuft aber offensichtlich erst ab dem Zeitpunkt der Möglichkeit des Kunden vom unwirksam erhobenen Bankentgelt Kenntnis zu nehmen.
In der Konsequenz hat die Entscheidung zur Folge, dass ein Kreditinstitut seine Kunden über die Rückforderbarkeit unwirksam erhobener Entgelte informieren und anschließend mit dem Kunden über die Höhe seiner Rückerstattungsansprüche verhandeln muss, ggf. unter Berücksichtigung von Kündigungsmöglichkeiten für die Zukunft.
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