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Newsletter Immobilienrecht | Ausgabe Oktober 2024

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Delegation bei Erhaltungsmaßnahmen

Bei Sanierungsarbeiten in einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) besteht häufig die Problematik, welche Entscheidungen die GdWE selbst treffen muss und welche sie auf den Verwalter übertragen kann (sog. Delegation). In diesem Zusammenhang stellen sich zwei Fragen. Die 1. Frage betrifft die Entscheidung, „ob“ überhaupt eine Sanierung durchgeführt werden soll. Die 2. Frage betrifft die Entscheidung, „wie“ die Sanierungsmaßnahme auszuführen ist.

Die frühere Rechtsprechung vertrat zumeist die Auffassung, dass es das Recht und die Pflicht der Wohnungseigentümer ist, sowohl über das „ob“ und „wie“ der Maßnahme zur Instandhaltung und -setzung des Gemeinschaftseigentums selbst zu entscheiden. Dem Verwalter oblag demgegenüber nur die Vorbereitung und Durchführung/Beauftragung der Maßnahme. Das bedeutete, dass die Entscheidungen, ob und welche Maßnahmen getroffen werden sollen, gemeinschaftlich von den Eigentümern nach ihrem Ermessen zu treffen waren. Dem Verwalter konnte zwar die Vergabe des Auftrags übertragen werden, davon waren jedoch gerade nicht grundsätzliche Ermessenserwägungen – wie z.B. die Wahl des Vertragspartners – erfasst (LG Düsseldorf, Urteil vom 05.09.2013, AZ 19 S 24/13, Rn. 9 bei Juris; LG München I, Beschluss vom 17.03.2017 – 36 S 22212/15, Rn. 54, 55 bei juris; LG München I, Beschluss vom 28.06.2007 – 1 T 2063/07, Rn. 32 bei Juris).

Auf der Grundlage des seit 1.12.2020 geltenden neuen § 27 Abs. 2 WEG hat der BGH mit Urteil vom 5.7.2024 – V ZR 241/23 – nunmehr eine weitreichende Delegation von Kompetenzen auf den Verwalter für zulässig angesehen. Demnach haben die Eigentümer die Möglichkeit, die Maßnahmen selbst zu definieren, deren Erledigung sie in die Verantwortung des Verwalters legen wollen. Eine inhaltliche Einschränkung dieser Beschlusskompetenz aus § 27 Abs. 2 WEG besteht nicht. Den Eigentümern steht innerhalb ihrer Beschlusskompetenz gemäß § 27 Abs. 2 WEG ein weiter Ermessensspielraum zu, welche Aufgaben sie auf den Verwalter übertragen wollen.

Für Erhaltungsmaßnahmen gilt demnach: Treffen die Wohnungseigentümer selbst die grundlegende Entscheidung über deren Vornahme, so können sie dem Verwalter die Entscheidung über deren Ausführung komplett übertragen. Bei der Ausführung des Beschlusses hat der Verwalter die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung aber so zu beachten, wie das auch die Eigentümer bei einer Beschlussfassung tun müssten. Will sich der Verwalter also nicht gegenüber der GdWE schadensersatzpflichtig machen, so muss er beispielsweise Alternativangebote für die beschlossene Erhaltungsmaßnahme einholen und bei der Vergabe das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachten. Er muss bei seiner Abwägung alle für die Entscheidung relevanten Umstände beachten, so wie es auch die Eigentümer tun würden.

 

Fazit

§ 27 Abs. 2 WEG ermöglicht es, Entscheidungen über die Durchführung einer Erhaltungsmaßnahme (sog. „wie“) auf den Verwalter zu delegieren und erleichtert dadurch die praktische Handhabung. Mit dieser Delegation einher geht aber auch die Pflicht des Verwalters, bei der Durchführung die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung zu beachten. Das erhöht das Haftungsrisiko des Verwalters.

 

Autor

Lars Rampp, LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Partner

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