© vegefox.com/stock.adobe.com
© vegefox.com/stock.adobe.com

Newsletter Bankrecht | Ausgabe 1-2024

Newsletter Bankrecht | Ausgabe 1-2024

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

INHALT

 

I.   Bankgebühren

> Vertragsbedingungen über Verwahrentgelte unterliegen nicht der AGB-Kontrolle

> Kosten müssen transparent angegeben werden

> Pauschalierter Aufwand darf nicht berechnet werden

 

II.   Aufklärungs- und Beratungspflichten, Haftung

> Enkeltrick – Wann muss die Bank Ihren Kunden warnen?

> Kunde haftet bei grob fahrlässig freigegebenem Überweisungsauftrag

> Ehemann haftet für gefälschte Unterschrift

> Wann Organe haften

 

III.   Darlehen und Forderungen

> Sicherungsabtretung kann unwirksam sein

> Verbraucherdarlehen: Wenn Pflichtangaben fehlen?

> Wann man Corona-Hilfen pfänden kann

> Leasingnehmer kann nicht widerrufen

> Zahlungsdiensterahmenvertrag – Was der Bürge gegen sich gelten lassen muss

 

IV. Sparverträge, Altersvorsorge

> Sparer kann Kündigungsausschluss nicht verlängern

 


I. Bankgebühren



Vertragsbedingungen über Verwahrentgelte unterliegen nicht der AGB-Kontrolle

von Christof Blauß

Mit Urteil vom 05.10.2023 (3 U 286/22) entschied das OLG Frankfurt, dass vorformulierte Vertragsbedingungen einer Bank, nach der der Kunde Verwahrentgelte zu bezahlen habe, als Preishauptabrede der AGB-Inhaltskontrolle entzogen und weder intransparent, noch überraschend sind.

Hintergrund war eine Klage der Verbraucherzentrale gegen eine Bank, die während der Negativzinsphase eine Vertragsklausel verwendete, wonach bei einer Sichteinlage oberhalb einer bestimmten Freigrenze ein Verwahrentgelt von 0,5 % p.a. durch den Einleger zu zahlen war. Die Verbraucherzentrale hielt die Klausel für AGB-rechtlich unzulässig. Dem folgte das OLG Frankfurt nicht. Zur Begründung führte das OLG aus, bei der Klausel handle es sich um eine Preishauptabrede, die unmittelbar den Preis der Hauptleistung der Bank bei entsprechenden Einlagegeschäften regle. Die Bank sei zur Verwahrung und Rückgewähr des eingelegten Geldes verpflichtet. Bei der unregelmäßigen Verwahrung, zu der auch Sparverträge ohne Einzahlungsverpflichtung gehören, treffe den Sparer gerade keine Pflicht die Einlage zu leisten, wofür er von der Bank Zins beanspruchen könne. Lediglich die Bank sei zur Verwahrung und Rückgewähr der Einlage verpflichtet, weshalb die Bank für diese Leistung auch eine Vergütung beanspruchen dürfe.

 


 

Kosten müssen transparent angegeben werden

von Christof Blauß

Im Urteil vom 21.11.2023 (XI ZR 290/22) entschied der BGH, dass Formularklauseln zu Abschluss- und Vermittlungskosten transparent sein müssen. Gegenstand der Entscheidung war die Klausel in einem Riester-Altersvorsorge-Vertrag einer Sparkasse. In den Vertragsbedingungen war folgende Klausel enthalten: „Im Falle der Vereinbarung einer Leibrente werden dem Sparer ggf. Abschluss- und/oder Vermittlungskosten belastet.“

Der BGH hielt die Klause für intransparent im Sinne § 307 I Satz 2 BGB, da der Vertragspartner die wirtschaftlichen Folgen der Klausel nicht absehen könne. Diese lasse nicht erkennen, ob die Sparkasse tatsächlich Abschluss- und/oder Vermittlungskosten bei Vereinbarung einer Leibrente beansprucht. Auch die Voraussetzungen, wann diese Kosten anfallen und in welcher Höhe, werden nach Ansicht des BGH nicht ausreichend transparent gemacht, weshalb die Klausel den Verbraucher unangemessen benachteilige.

 


 


Pauschalierter Aufwand darf nicht berechnet werden

von Christof Blauß

Eine Bank stellte in die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung einen pauschalierten sog. „Institutsaufwand“ in Höhe von € 300,00 als Schadensersatz ein. Die entsprechende Abrechnungsposition war in der Software für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung integriert. Das OLG Frankfurt hielt die Abrechnung des pauschalierten Institutsaufwands AGB-rechtlich für unzulässig (Urteil v. 04.10.2023 – 17 U 214/22).

Zur Begründung führt das OLG aus, die Integration der Abrechnungsposition in die Software für die Erstellung der Vorfälligkeitsentschädigung stehe einer bankinternen Anweisung gleich. Damit entspreche die Abrechnung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung, die im Verhältnis zu Verbrauchern der Inhaltskontrolle unterliege. Deshalb könne die Bank Pauschalpositionen nach § 309 Nr. 5b BGB nur beanspruchen, wenn sie dem Verbraucher den Nachweis eines geringeren oder ganz entfallenen Schadens gestattet, so das OLG. Hieran mangelt es im Fall.

 


II. Aufklärungs- und Beratungspflichten, Haftung



Enkeltrick – Wann muss die Bank Ihren Kunden warnen?

von Christof Blauß

In letzter Zeit mehren sich Betrügereien hauptsächlich zu Lasten älterer Bankkunden mit dem sog. Enkeltrick. In seinem Urteil vom 24.01.2024 (3O 340/23) hatte sich das LG Dortmund mit der Frage zu befassen, ob eine Bank sich aus einer Nebenpflicht des Girovertrages schadensersatzpflichtig macht, wenn sie ihren Kunden bei ungewöhnlichen Geldtransaktionen nicht vor einem möglich Betrug warnt und die Beweggründe der Transaktion hinterfragt.

Im entschiedenen Fall war einer Rentnerin durch einen angeblichen Polizisten mitgeteilt worden, ihre Tochter sei in einen Verkehrsunfall verwickelt, weshalb noch am heutigen Tag eine Kaution von Euro 25.000 bei der Gerichtskasse zu hinterlegen sei. Die Rentnerin, die normalerweise immer nur Beträge bis zu 300 Euro abhob, rief deshalb bei Ihrer Bank an und bat darum, noch am gleichen Tag 25.000 Euro von ihrem Konto in bar abheben zu können. Sie holte das Geld nach Schalterschluss bei der Bank ab. Dieses übergab sie dem Betrüger.

Später verlangte sie von der Bank Schadensersatz wegen einer angeblichen Verletzung von Warn- und Schutzpflichten aus dem Girovertrag. Das LG Dortmund wies die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, dass Warn- und Schutzpflichten der Bank nur dann bestünden, wenn sich dieser Verdachtsmomente für eine Unregelmäßigkeit evident aufdrängen müssten. Alleine die ungewöhnlich hohe Barabhebung und Nervosität des Kunden sei noch kein Grund für die Bank die Motive der Transaktion zu hinterfragen, soweit keine weiteren außergewöhnlichen Umstände hinzutreten würden. Die Bank sei daher auf die formale Prüfung des Auftrages beschränkt und müssen diesen nach § 650 o Abs. 2 BGB ausführen. Warn- und Schutzpflichten bestünden dagegen grundsätzlich für die Bank nicht.

 



Kunde haftet bei grob fahrlässig freigegebenem Überweisungsauftrag

von Christof Blauß

Das OLG Frankfurt entschied mit Urteil vom 06.12.2023 (3 U 3/23), dass ein Kunde grob fahrlässig handelt, wenn er beim Online-Banking einer Erhöhung des Überweisungslimits und einer Überweisung zustimmt, ohne vor der Bestätigung der jeweiligen PushTAN und Verifizierung mittels Face-ID konkret zu prüfen, für welchen Vorgang die Freigabeaufforderung erfolge. Die Bank habe daher gegen ihn einen Schadensersatzanspruch nach § 675 v Abs.3 Nr.2 BGB. Dieser könne gegen den Anspruch des Kunden auf Wiedergutschrift (§ 675 u BGB) aufgerechnet werden.

Hintergrund war ein Phishing-Angriff, bei dem der Kunde trotz Warnung der Bank vor entsprechenden Betrügereien einen übermittelten Link anklickte und bei einem anschließenden Anruf eines vermeintlichen Bankmitarbeiters dessen Weisungen zur Authentifizierung folgte, ohne auf seiner PushTAN-App den auszuführenden Auftrag zu prüfen. Bei entsprechender Prüfung hätte dem Kunden der Betrug auffallen müssen, so das OLG. Grobe Fahrlässigkeit des Kunden sei daher gegeben.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

 


 


Ehemann haftet für gefälschte Unterschrift

von Christof Blauß

Im Urteil vom 26.09.2023 (XI ZR 98/22) hatte sich der BGH mit der Frage zu befassen, ob ein Ehemann für eine Darlehensaufnahme, die seine Ehefrau mit gefälschter Unterschrift unter seinem Namen tätigte, haftet. Die Ehefrau hatte in der Vergangenheit die gesamten Bankgeschäfte des Paares abgewickelt. Unter dem Namen ihres Ehemannes schloss sie einen Darlehensvertrag. Im Video-Identverfahren trat der Stiefvater der Ehefrau auf und legitimierte sich unter Vorlage des Personalausweises des Ehemanns für die Darlehensaufnahme. Die Unterschrift des Mannes unter den Vertrag fälschte die Ehefrau. Eine Valutierung des Darlehens erfolgte auf das gemeinschaftliche Konto. Nachdem das Darlehen notleidend wurde, verlangte die Bank Rückzahlung vom Ehemann. Dieser wandte ein, das Darlehen nicht selbst aufgenommen zu haben.

Der BGH verurteilte den Ehemann dennoch zur Rückzahlung des gewährten Darlehens. Da die Ehefrau früher die Bankgeschäfte für die Eheleute getätigt hatte, entspreche es der Interessenlage eines rechtsgeschäftlichen Vertretungsverhältnisses, sodass entsprechend § 166 I BGB das Wissen der Ehefrau den Ehemann zuzurechnen sei. Unerheblich sei es, dass die Ehefrau durch die gefälschte Unterschrift auf dem Darlehensvertrag vorsätzlich ihre Befugnisse im Innenverhältnis überschritten habe. Im Verhältnis zur Bank kam der Vertrag zustande. Der Rückforderung des Darlehens stehe auch § 241a BGB, wonach man für unbestellte Leistungen nicht hafte, nicht entgegen. Der Ehemann hätte erkennen können, dass er das Darlehen aufgrund dessen der Darlehensbetrag auf sein Konto ausbezahlt wurde, nicht selbst abgeschlossen hat (§ 241a II 2. Alt. BGB).


 

Wann Organe haften

von Christof Blauß

Die persönliche Haftung eines Geschäftsführers oder Vorstandes resultiert nach Ansicht des BGH in der Entscheidung vom 09.11.2023 (III ZR 105/22) nicht alleine aus dessen Organstellung. Vielmehr bedarf es auch eines Verschuldens im Sinne § 276 BGB, das gegenüber dem Organ gesondert festzustellen sei.

Hintergrund der Entscheidung war, dass ein Vorstand einer AG durch einen Anleger auf Schadensersatz gemäß § 823 II BGB in Anspruch genommen wurde, mit der Begründung, die von der AG geschlossenen Beteiligungsverträge seien i.S. § 32 KWG unerlaubte Bankgeschäfte, für die der Vorstand als Organ wegen des Gesetzesverstoßes haften müsse. Der BGH sah dies anders und verlangte ein konkret vorwerfbares Verschulden bezüglich des eingetretenen Schadens. Alleine die interne Aufgabenverteilung unter den Vorstandsmitgliedern lasse dieses Verschulden aber wegen der bestehenden Überwachungspflichten nicht gänzlich entfallen. Die Entscheidung hat weitreichende Auswirkungen auf die Haftung von Vorständen, nicht nur bei verbotswidrigen Handlungen.

 


III. Darlehen und Forderungen



Sicherungsabtretung kann unwirksam sein

von Christof Blauß

Anlässlich der Finanzierung mehrerer Diesel-PKW ließ sich die Bank von ihrem Kunden – einem Unternehmer – sicherungshalber für den Fall der Rückabwicklung des finanzierten Vertrags die Ansprüche gegen den Verkäufer „gleich aus welchem Rechtsgrund“ formularmäßig abtreten. Im Urteil vom 03.07.2023 (VI AZR 155/23) hielt der BGH auch bei einem Finanzierungsvertrag mit einem Unternehmer die Abtretungsvereinbarung wegen eines Verstoßes gegen § 307 III BGB für unwirksam, da durch die formularmäßige Abtretungsvereinbarung von zwingenden gesetzlichen Normen abgewichen werde.

Nach Ansicht des BGH erfasst die Abtretungsklausel auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung und nach dem Produkthaftungsgesetz. Damit erfasst seien deshalb auch Rentenansprüche gemäß § 843 BGB bzw. § 9 ProdHaftG, die grundsätzlich nicht pfändbar und damit nach § 400 BGB auch nicht abtretbar sind, so der BGH. Der BGH sah die Sicherungsabtretung insgesamt als unwirksam an, auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass solche Ansprüche zum Tragen kommen. § 307 BGB gilt auch bei Darlehensverträgen mit Unternehmern, sodass die Unwirksamkeit auch bei Sicherungsabtretungen für gewerbliche Kredite gilt. Hätte die Bank Ansprüche aus unerlaubter Handlung und Produkthaftung von der Sicherungsabtretung ausgenommen, hätte die Gesamtunwirksamkeit der formularmäßigen Sicherungsabtretung vermieden werden können.


 

Verbraucherdarlehen: Wenn Pflichtangaben fehlen?

von Christof Blauß

Erneut hatte sich der BGH mit der Frage zu befassen, ob unzureichende Pflichtangaben in einem Allgemein-Verbraucherdarlehen ein „ewiges Widerrufsrecht“ begründen. Dies verneinte der BGH bei unzureichenden Pflichtangaben zur Art des Darlehens (Verbundgeschäft, Art. 247 § 3 I Nr. 2 EGBGB) mit Urteil vom 27.02.2024 (XI ZR 258/22), wenn die Widerrufsinformation der Gesetzlichkeitsfiktion nach Art. 247 § 6 II EGBGB entspricht und sich das Verbundgeschäft für den normal Informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher hinreichend klar und verständlich aus der Widerrufsinformation ergebe. Entgegen dem Urteil des EuGH vom 21.12.2023 (C-38/21) komme eine richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Widerrufsrechts aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts nicht in Betracht, so der BGH. Deshalb sei es für den Lauf der Widerrufsfrist unschädlich, wenn die Widerrufsinformation keine Angabe über den einer Rückabwicklung pro Tag zu zahlenden Zinsbetrag enthalte oder dem Verbraucher die Pflichtangabe zur Höhe der Verzugszinsen nicht mitgeteilt wurde. Auch Informationen zur Berechnungsmethode einer Vorfälligkeitsentschädigung haben nach Ansicht des BGH keine Auswirkungen auf den Beginn der Widerrufsfrist, sondern führen nur zum Verlust des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung (§ 502 II Nr. 2 BGB). Ebenso sei eine fehlende Angabe zu den Kosten eines Schlichtungsverfahrens unschädlich, wenn das Schlichtungsverfahren vor dem Ombudsmann eines Bankenverbandes für den Verbraucher kostenfrei durchgeführt wird.

Nachdem der BGH infolge früherer EuGH-Urteile zum sog. „Kaskadenverweis“ und zu den fehlenden Pflichtangaben bei Allgemeinen-Verbraucherdarlehen seine Rechtsprechung zu Lasten der Banken zunächst verschärft hatte, kehrt der BGH jetzt zu seiner „alten“ Rechtsprechung zurück, nach der richtlinienkonforme Auslegung aufgrund des klaren Willens des nationalen Gesetzgebers nicht erfolgen kann. Möglich wurde diese Rechtsprechungsänderung, weil der EuGH im Urteil vom 21.12.2023 die Frage der Widerruflichkeit von der Relevanz der Pflichtangabe für das Widerrufsrecht abhängig machte.

 


 


Wann man Corona-Hilfen pfänden kann

von Christof Blauß

Mit Beschluss vom 16.08.2023 (VII ZB 64/21) entschied der BGH, dass eine Corona-Überbrückungshilfe III (Billigkeitsleistung in Form einer Corona-Überbrückungshilfe für KMU, Soloselbständige und Freiberufler) nach § 851 I ZPO in Verbindung mit § 399 BGB unpfändbar ist. Allerdings soll nach Ansicht des BGH diese Unpfändbarkeit der Corona-Überbrückungshilfe III nicht gelten, wenn diese auf einem Kontokorrentkonto des Empfängers gutgeschrieben wurde. Insoweit könne der Empfänger auch nicht eine entsprechende Anwendung der Regelungen zum Pfändungsschutzkonto gem. § 850 k ZPO geltend machen, wenn es sich bei diesem um eine juristische Person handle. Allenfalls wäre Vollstreckungsschutz nach § 765 a ZPO in Einzelfällen unter dem Gesichtspunkt einer unzumutbaren Härte zu prüfen, so der BGH.

Hintergrund des Beschlusses war, dass eine GmbH Corona-Überbrückungshilfe erhalten hatte, die deren Kontokorrentkonto bei der Hausbank gutgeschrieben wurde. Ein Gläubiger der GmbH pfändete dieses. Hiergegen ging die Schuldnerin mittels Beschwerde vor. Die Rechtsbeschwerde wies der BGH zurück. Seine Entscheidung begründete der BGH damit, dass die Corona-Überbrückungshilfe III als zweckgebundene Leistung nicht abtretbar und damit auch nicht pfändbar sei. Dieser Pfändungsschutz beziehe sich jedoch nicht auf bereits überwiesene und dem Konto des Empfängers gutgeschriebene Beträge. Der Anspruch auf Überbrückungshilfe sei durch Auszahlung nach § 362 I BGB erloschen und ein neuer Auszahlungsanspruch der Schuldnerin gegen die Bank entstanden. Dieser Auszahlungsanspruch sei pfändbar.

 


 

Leasingnehmer kann nicht widerrufen

von Christof Blauß

Am 21.12.2023 (C‑38/21) befasste sich der EuGH auf Vorlage des LG Ravensburg mit der Frage, ob ein PKW-Leasingvertrag ohne Kaufverpflichtung am Ende der Leasingzeit, unter die Verbraucherkreditrichtlinie (RL 2008/48/EG) oder die Fernabsatzrichtlinie (RL 2002/65/EG) fällt. Dies verneinte der EuGH. Ein Leasingvertrag ohne Kaufverpflichtung sei einem Mietvertrag gleichzustellen und stelle keine Finanzdienstleistung dar. Auch die sog. „Verbraucher-Rechte-Richtlinie“ (RL 2011/83/EU) sei nicht anwendbar, so der EuGH, weshalb der Leasingnehmer in diesem Fall kein Widerrufsrecht habe.

Der EuGH hatte aber auch zu entscheiden, ob ein Allgemein-Verbraucherdarlehen zur Fahrzeugfinanzierung bei unvollständigen Pflichtangaben ein ewiges Widerrufsrecht begründe. Der EuGH schränkte seine frühere Rechtsprechung insoweit ein, als unvollständige oder fehlerhafte Pflichtangaben nur dann ein Widerrufsrecht eröffnen, wenn diese für die Beurteilung seiner Rechte und Pflichten und für den Vertragsschluss für den Verbraucher „relevant waren“. Für die Frage des Bestehens eines Widerrufsrechts nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist wird es daher zukünftig auf die Relevanz der unzureichenden Pflichtangaben ankommen.

 


 

Zahlungsdiensterahmenvertrag – Was der Bürge gegen sich gelten lassen muss

von Christof Blauß

Im Urteil vom 11.07.2023 (XI ZR 111/22) setzte sich der BGH mit der Frage auseinander, ob ein Bürge Einwendungen des Hauptschuldners aus einem Zahlungsdiensterahmenvertrag geltend machen kann. Der beklagte Bürge hatte sich für ein Geschäftskonto einer GmbH verbürgt. Die Bank kündigte das Kontokorrentkonto und nahm den Bürgen in Anspruch. Dieser wandte gegen die Bürgschaftsinanspruchnahme ein, die Belastungsbuchungen auf dem verbürgten Kontokorrentkonto seien durch die GmbH nicht wirksam autorisiert worden, insbesondere die Zahlungen an die Bank selbst für Zinsen und Gebühren.

Der BGH stellte fest, dass § 676b II BGB nur Zahlungsvorgänge erfasse, für die Wiedergutschriftsansprüche des Kunden gegen die Bank bestehen (§ 675u BGB), ebenso Schadensersatzansprüche (§ 675y BGB). Sei der Zahlungsdienstnutzer im Rahmen der Kontoinformation ordnungsgemäß i.S. Art. 248 § 7 EGBGB über Einwendungsfristen unterrichtet worden und wurden durch den Kunden nicht binnen 13 Monaten Einwendungen gegen die nicht autorisierte Zahlung erhoben, müsse dies der Bürge wegen der Akzessorietät der Bürgschaft zur Hauptschuld gegen sich gelten lassen, so der BGH. Mangelt es an einer Kontoinformation i.S. Art. 248 § 7 EGBGB, kann der Bürge diese Einwendung dem Bürgschaftsanspruch gemäß § 768 BGB aber entgegenhalten und so einwenden, die Ansprüche seien nicht oder nicht in der geforderten Höhe geschuldet.

 


IV. Sparverträge, Altersvorsorge



Sparer kann Kündigungsausschluss nicht verlängern

von Christof Blauß

Mit Urteil vom 25.07.2023 (XI ZR 221/22) bestätigte der BGH seine Rechtsprechung (XI ZR 345/18), wonach bei Prämiensparverträgen für das Kreditinstitut die Kündigung ausgeschlossen ist, bis der Kunde die höchste Prämienstufe erreicht. Im neuen Fall erbrachte die Sparerin, monatliche Sparleistungen, ohne dass konkrete Raten verpflichtend vereinbart wurden. Bei Erreichen bestimmter Sparleistungen sollte eine zusätzliche Prämie bezahlt werden. Die Sparerin konnte vom Sparkonto monatlich bis € 2.000,00 abheben, weshalb die höchste Prämienstufe durch die Sparerin nicht erreicht wurde. Das Kreditinstitut kündigte wegen des veränderten Zinsumfeldes dennoch.

Da eine vertragliche Verpflichtung der Kundin zur Erbringung der Sparleistung nicht bestand, nahm der BGH eine unregelmäßige Verwahrung im Sinne § 700 BGB an. Der BGH betont, dass bei dieser Vertragskonstellation der Sparer frei bestimmen kann, wann er die höchste Prämienstufe erreicht. Bis zum Erreichen dieser Prämienstufe ist nach Ansicht des BGH eine ordentliche Kündigung des Prämiensparvertrags ausgeschlossen. Allerdings könne der Sparer auch nicht erwarten, dass ihm durch den Vertrag eine zeitlich unbegrenzte Sparmöglichkeit eröffnet werde. Wenn das Erreichen der Prämienstufe von bestimmten Sparleistungen abhängig gemacht werde, könne der Sparer die Dauer des Kündigungsausschlusses nicht einseitig durch Abhebungen verlängern, da die Dauer des konkludenten Kündigungsausschlusses andernfalls im Belieben des Sparers liege, so der BGH. Im entschiedenen Fall war auch unter Berücksichtigung der Abhebungen die höchste Prämienstufe für die Sparerin noch nicht erreicht war. Deshalb nahm der BGH dennoch eine Unwirksamkeit der Kündigung des Sparvertrags durch das Kreditinstitut an.

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint