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Influencer in Aufruhr: Steuerpflicht trotz Auslandswohnsitz

Influencer in Aufruhr: Steuerpflicht trotz Auslandswohnsitz

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Die Steuerfahndung in Nordrhein-Westfalen hat anhand umfangreicher Social Media-Analysen Hinweise auf gezielte Steuerhinterziehungen von Influencern ermittelt. Der geschätzte Steuerschaden beläuft sich auf rund 300 Millionen Euro. Im Fokus stehen professionelle Influencer, die ihren Wohnsitz formell ins Ausland – häufig in sogenannte Niedrigsteuerländer – verlagert haben, gleichzeitig aber weiterhin Einkünfte aus Deutschland erzielen. Ziel ist dabei offenbar die Umgehung der deutschen Einkommensteuerpflicht.

 

Steuerpflicht in Deutschland trotz Auslandswohnsitz

Nach dem deutschem Steuerrecht (§ 1 EStG) sind natürliche Personen in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Diese Begriffe sind realitätsbezogen auszulegen: Es kommt allein auf die tatsächlichen Verhältnisse an, nicht auf formale Angaben. Damit kann auch nach offizieller Abmeldung der Wohnsitz oder Lebensmittelpunkt faktisch in Deutschland verbleiben, was zur unbeschränkten Steuerpflicht führt, selbst wenn ein Wohnsitz im Ausland gemeldet ist – der Fall Boris Becker hat diesen Grundsatz öffentlichkeitswirksam bestätigt.

Hält sich die Person nicht mehr gewöhnlich im Inland auf und hat keinen Wohnsitz mehr in Deutschland, kommt bei inländischen Einkünften eine beschränkte Einkommenssteuerpflicht in Betracht.

 

Wegzugsbesteuerung bei Verlagerung des Wohnsitzes ins Ausland

Meldet ein Influencer seinen Wohnsitz ins Ausland ab, sind zusätzliche steuerrechtliche Regelungen relevant. Die so genannte Wegzugsbesteuerung nach § 6 Außensteuergesetz (AStG) kann greifen, falls in den letzten zehn Jahren vor Wegzug mindestens fünf Jahre lang unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland bestand und eine relevante Beteiligung an Kapitalgesellschaften vorliegt. Dann wird ein fiktiver Veräußerungsgewinn besteuert.

 

Steuerhinterziehung und strafbare Handlungen

Wer vorsätzlich steuerpflichtige Einkünfte nicht erklärt, begeht im Regelfall eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abgabenordnung (AO). Dazu gehören sowohl das Verschweigen von Einkünften, die bewusste Falschdeklaration des Wohnsitzes als auch das gezielte Vorenthalten oder Verschleiern von Geldflüssen und geldwerten Vorteilen.

 

Praxisbeispiel Influencer-Geschäftsmodell

In der Praxis versuchen Influencer häufig nach folgendem Muster ihre steuerliche Pflichten zu umgehen:

  • Abmeldung in Deutschland, Anmeldung in Ländern ohne Einkommensteuer (z. B. Dubai)
  • Fortsetzung der Werbe- und Social-Media-Aktivitäten mit Fokus auf deutsche Zielgruppen sowie mit deutschen Werbekunden.
  • keine Steuererklärung oder -registrierung im Inland trotz erheblicher laufender Einnahmen und Verschleierung weiterer Vorteile (Reisen, Sachgeschenke usw.).

Solche Umgehungsstrategien sind steuerlich höchst riskant, insbesondere, da der tatsächliche Lebensmittelpunkt und die Einkünfte weiterhin eng mit Deutschland verbunden sind. Die Behörden erkennen dies regelmäßig und wenden die genannten Vorschriften strikt an.

 

Typische Gestaltungsmodelle und internationale Aspekte

  • Auch Gestaltungen helfen nicht unbedingt. Nach § 5 AStG (Zwischengeschaltete Gesellschaften) können auch ausländische Gesellschaften ins Inland besteuert werden, wenn der Steuerpflichtige über diese Gesellschaften wirtschaftlich weiterhin in Deutschland tätig ist.
  • Zwischenstaatliche Abkommen (DBA) und spezielle Steuerregelungen können abweichende Zurechnungen regeln, gehen aber den allgemeinen Normen vor.

 

Folgen & Sanktionen

Bei bewusster oder fahrlässiger Missachtung der steuerlichen Pflichten drohen Nachzahlungen von Steuern und Zinsen und/oder Straf- und Bußgeldverfahren nach § 370 AO. Die digitale Auswertung der Steuerfahndung ermöglicht eine immer präzisere Zuordnung und Rekonstruktion von „verschleierten“ Einkünften und Wohnsitzverhältnissen. Behörden betreiben dazu internationale Ermittlungsarbeit und Datenabgleiche.

 

Fazit

Die steuerliche Pflicht zur Veranlagung sowie die Strafbarkeit bei Verstößen sind eng an die tatsächlichen, wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse geknüpft. Die bloße formelle Abmeldung im Inland reicht nicht aus, im Zweifelsfall greifen die deutschen Besteuerungsrechte aufgrund der genannten Vorschriften weiterhin. Besonders für Influencer und andere international agierende Unternehmer bleibt die Erfüllung der deutschen Steuerpflicht ein hohes Risiko- und Haftungsthema.

Unsere Empfehlung lautet daher: Wer internationale Aktivitäten plant oder bereits grenzüberschreitend tätig ist, sollte seine steuerliche Struktur frühzeitig und rechtssicher überprüfen lassen.

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