Genossenschaftsbank darf Mitglied Konto kündigen
Mit Urteil vom 15.10.2024 (XI ZR 50/23) entschied der BGH, dass es für die Kündigung einer Girokontoverbindung durch eine Genossenschaftsbank keine Rolle spiele, ob der Kunde Mitglied der Genossenschaft ist. Der Geschäftsverkehr mit dem Kunden finde außerhalb des Mitgliedschaftsrechtes auf rein schuldrechtlicher Beziehung statt. Bank und Mitglied würden sich insoweit wie außenstehende Dritte gegenüberstehen. Das Girokonto sei als Zahlungsdiensterahmenvertrag gemäß § 675 h BGB ordentlich kündbar und die in Ziff. 19 I AGB vorgesehene Mindestkündigungsfrist genüge der gesetzlichen Frist für eine ordentliche Kündigung. Auch der gekündigte Depotvertrag sei ein Geschäftsbesorgungsverhältnis mit dienst- und verwahrungsrechtlichen Komponenten und deshalb gem. § 696 BGB jederzeit auflösbar. Da sich die Kündigung außerhalb der Genossenschaft abspiele, könne der genossenschaftliche Förderzweck auch nicht herangezogen werden, um eine Unwirksamkeit der Kündigung zu begründen.
Bankentgelte: BGH entscheidet zu „Dreijahreslösung“
Mit Urteil vom 19.11.2024 (XI ZR 139/23) entschied der BGH, entgegen der herrschenden Ansicht in der Fachliteratur und zahlreicher Instanzgerichte, die sog. „Dreijahreslösung“ bei unwirksamen Preisanpassungsklauseln in Energielieferverträgen sei nicht auf die Rückforderung von Entgelten, die durch Kreditinstitute aufgrund unwirksamer Zustimmungsfiktionsklauseln erhoben wurden, anzuwenden. Nach der „Dreijahreslösung“ kann sich ein Kunde nicht mehr auf die Unwirksamkeit einer Energiepreisanpassung berufen, wenn er diese nicht innerhalb der dreijährigen Regelverjährung gem. § 195 BGB geltend macht (BGH-Urteil vom 14.03.2012-VIII ZR 113/11). Vielfach wurde diese Rechtsprechung auf die Rückforderung von Bankentgelten angewandt.
Nach Ansicht des Bankensenats des BGH ist diese Rechtsprechung jedoch nicht auf Bankentgelte übertragbar. Der BGH argumentiert, durch die Unwirksamkeit der Zustimmungsfiktionsklausel aufgrund des Urteils vom 27.04.2021 (XI ZR 26/20) sei eine Vertragslücke entstanden, die nicht durch ergänzende Vertragsauslegung, sondern gemäß §§ 306 II, 311 I, 145 ff BGB durch eine Vereinbarung zwischen Bank und Kunde zu schließen sei. Eine dreijährige Frist, binnen derer der Verbraucher das erhobene Bankentgelt beanstanden müsse, sehe die gesetzliche Regelung gerade nicht vor. Weiter führt der BGH aus, dass Kreditinstitute nicht unzumutbar belastet würden, da sie die Verträge kündigen könnten und die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB gelte. Letztere läuft aber offensichtlich erst ab dem Zeitpunkt der Möglichkeit des Kunden vom unwirksam erhobenen Bankentgelt Kenntnis zu nehmen.
In der Konsequenz hat die Entscheidung zur Folge, dass ein Kreditinstitut seine Kunden über die Rückforderbarkeit unwirksam erhobener Entgelte informieren und anschließend mit dem Kunden über die Höhe seiner Rückerstattungsansprüche verhandeln muss, ggf. unter Berücksichtigung von Kündigungsmöglichkeiten für die Zukunft.
Wann ein Darlehen unentgeltlich ist
Im Berufungsurteil vom 04.07.2024 (17 U 404/21) musste sich das OLG Karlsruhe mit der Frage befassen, ob ein -beim Kfz-Händler vermitteltes- zinsloses Darlehen unentgeltlich i.S. § 514 Abs.2 BGB ist und das Widerrufsrecht daher nach einem Jahr und 14 Tagen erloschen ist oder ober das Darlehen in Fernabsatzsituation zustande kam, weshalb bei fehlerhafter Widerrufsinformation ein unbefristetes Widerrufsrecht gelten soll.
Das OLG entschied, dass eine Null-Prozentfinanzierung keinen entgeltlichen Darlehensvertrag i.S. § 491 BGB begründe. Weder eine Gebühr für den Jahreskontoauszug, noch die Überlassung der persönlichen Daten des Verbrauchers begründe eine Entgeltlichkeit des Darlehens. Insbesondere liege ein „Bezahlen mit Daten“ nicht vor, wenn die Überlassung der persönlichen Daten (z.B. für eine anderweitige Nutzung durch den Darlehensgeber) nicht Bedingung der Darlehensgewährung ist und der Kunde der Nutzung der Daten bereits vor der Darlehensvalutierung widersprechen könne. Da somit aufgrund Zeitablaufs die Widerrufsfrist abgelaufen war, musste das OLG klären ob ein unbefristetes Widerrufsrecht aufgrund einer Fernabsatzsituation in Betracht kommt. Eine solche verneinte das OLG, wenn die Darlehenskonditionen im Autohaus besprochen werden. Auch verlangt ein Widerrufsrecht nach § 312 g BGB eine entgeltliche Finanzdienstleistung, die beim zinslosen Darlehen nicht vorliege. Die Revision zum BGH wurde zugelassen.
Bürgschaften und Garantien kann man nicht widerrufen
Bereits mit Urteil vom 22.09.2020 (XI ZR 219/19) entschied der BGH, dass einem Bürgen kein Widerrufsrecht nach § 312 g BGB bezüglich seiner Bürgschaftserklärung zustehe, auch wenn die Bürgschaft außerhalb der Geschäftsräume der Bank durch einen geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH in seiner Eigenschaft als Verbraucher für die GmbH übernommen wurde. Zur Begründung führt der BGH aus, dass die Bank bei der Übernahme der Bürgschaft durch den Verbraucher keine entgeltliche Leistung diesem gegenüber erbringe, also kein Austauschvertrag i.S. § 312 BGB zwischen Bank und Bürge vorliege.
In seinem Beschluss vom 26.07.2022 (XI ZR 483/21) dehnte der BGH diese Rechtsprechung auch auf die Übernahme von selbständigen Zahlungsgarantien durch einen Verbraucher aus. Der BGH betont in dem Beschluss, dass die Inanspruchnahme des Verbrauchers aus einer gegenüber der kreditgebenden Bank übernommenen selbständigen Garantie aus dieser und nicht aus dem „garantierten“ Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehen erfolge. Die Regelungen über den Verbraucherdarlehensvertrag (§§ 491 ff BGB) sind daher nicht analog auf das Garantieversprechen anwendbar, so der BGH.
Sparguthaben verschenken
Schenkungen sind gemäß § 518 BGB beurkundungspflichtig. Allerdings wird ein Formmangel dann geheilt, wenn die Schenkung bewirkt, d.h. vollzogen, ist.
Mit einem solchen Fall hatte sich das LG Koblenz im Urteil vom 14.03.2024 (3O 457/23) zu befassen. Einige Zeit vor seinem Tod übergab der Inhaber zweier Sparkonten mit beträchtlichem Guthaben, die Sparbücher an seine Schwester mit dem Hinweis, diese könne über das Guthaben verfügen. Der Testamentsvollstrecker des ehemaligen Inhabers der Konten verlangte die Sparbücher mit der Begründung, das Guthaben gehöre zum Nachlass, heraus. Eine schriftliche Abtretungserklärung für das Kontoguthaben lag nicht vor.
Da das Eigentum an einem Sparbuch dem Inhaber des Sparguthabens zusteht (§ 952 I BGB) kam es nach Ansicht des LG Koblenz darauf an, ob die Schwester wirksam Inhaberin der Forderung wurde, d.h. die Schenkung durch Abtretung bewirkt ist (§518 II BGB).
In der Erklärung des Schenkers, seine Schwester könne frei über die Sparkonten verfügen, nahm das LG Koblenz eine konkludente Abtretung der Guthaben an. Einer schriftlichen Abtretungserklärung bedürfe es nicht, so das LG, wenn aus den Umständen der Wille zur Übertragung des Kontoguthabens deutlich wird.
In der Praxis wird sich in diesen Fällen aber der Zuwendungswille meist nicht beweisen lassen, insbesondere auch nicht gegenüber dem Kreditinstitut, weshalb die Errichtung einer schriftlichen Abtretungsvereinbarung sachgerecht ist.
Allgemeinverfügung der BaFin ist rechtswidrig
Am 21.06.2021 erließ die BaFin eine Allgemeinverfügung gegenüber Banken und Sparkassen, wie mit Prämiensparverträgen, die unter Berücksichtigung der BGH-Urteile u.a. vom 21.12.2010 (XI ZR 52/08) und vom 17.02.2004 (XI ZR 140/03) unwirksame Zinsanpassungsklauseln enthalten, gegenüber Kunden zu verfahren sei. Danach sollten Verbraucher, die ein Sparmodell gezeichnet hatten, das eine Zinsanpassungsklausel mit einseitigem Leistungsbestimmungsrecht der Bank enthielt, über die Unwirksamkeit der Klausel informiert werden. Ebenso sollte das Kreditinstitut entweder die Zusage geben, auf der Basis einer künftigen BGH-Rechtsprechung eine Nachverzinsung vorzunehmen oder aber ein verbindliches Abgeltungsangebot vorlegen.
Gegen die Allgemeinverfügung erhoben ca. 1.100 Kreditinstitute Widerspruch. In sechs Musterverfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG) soll geklärt werden, ob die Allgemeinverfügung der BaFin rechtmäßig ist.
Mit seinem erstinstanzlichen Urteil vom 23.10.2024 (7 K 548/22) stärkte nunmehr das VG Frankfurt den Kreditinstituten den Rücken und erklärte die Allgemeinverfügung für rechtswidrig. Zur Begründung führte das VG Frankfurt an, die von der BaFin herangezogene Rechtsgrundlage § 4 Abs. 1a FinDAG bilde keine Ermächtigung für den Erlass der Allgemeinverfügung. Ein wiederholter verstoß gegen den Verbraucherschutz sei nicht gegeben. Auch sein die Allgemeinverfügung zu unbestimmt.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Berufung ist zugelassen.
Wann ein Insolvenzverwalter entlassen werden kann
Immer wieder führen Maßnahmen eines Insolvenzverwalters zur Unzufriedenheit eines oder mehrerer Gläubiger, die dann nach § 59 InsO beim Insolvenzgericht beantragen, den Insolvenzverwalter zu entlassen.
Mit einem solchen Fall befasste sich der BGH in seiner Entscheidung vom 23.11.2023 (IX ZB 29/22). Der gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter hatte die Gläubiger des Schuldnerunternehmens angeschrieben und diesen vorbereitete Stimmrechtsvollmachten für die erste Gläubigerversammlung, in der es u.a. um seine Bestätigung als Insolvenzverwalter und die Wahl des Gläubigerausschusses ging, übermittelt. Ein Gläubiger sah hierin einen Verstoß gegen das Unabhängigkeitsprinzip des Insolvenzverwalters und beantragte dessen Entlassung.
Der BGH stellte fest, dass für eine Entlassung des Insolvenzverwalters auf Antrag eines einzelnen Gläubigers nach § 59 I 3 InsO ein wichtiger Grund erforderlich sei, die fehlende Unabhängigkeit des Verwalters aber nicht positiv feststehen müsse, sondern es ausreiche wenn Umstände und Maßnahmen die ernstliche Besorgnis rechtfertigen, der Verwalter handele pflichtwidrig, z.B. weil er versucht die Gläubiger in Ihrer Entscheidung über die Zusammensetzung des Gläubigerausschusses zu beeinflussen. Darauf, ob der Insolvenzverwalter tatsächlich unabhängig ist, kommt es nach Ansicht des BGH dagegen nicht an.