Rohrbruch in der Wohnungseigentümergemeinschaft: Wie kommt der Eigentümer zum Ersatz seines Schadens?
Wasserschäden aufgrund eines Rohrbruchs oder sonstiger Ursachen stellen sowohl den Verwalter als auch die unmittelbar betroffenen Eigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft vor große Herausforderungen. Dies liegt neben den oftmals massiven Schadensfolgen auch an dem rechtlich schwierigen Konstrukt der für die Wohnungseigentümergemeinschaft abgeschlossenen Wohngebäudeversicherung.
Entscheidung des Landgerichts Berlin II
Das Landgericht Berlin II entschied vor kurzem über die Frage, ob ein Eigentümer, der infolge eines rohrbruchbedingten Wassereintritts in seine vermietete Wohnung einen Mietausfallschaden erlitten hat, direkt gegen den Wohngebäudeversicherer auf Erstattung klagen kann (LG Berlin II, Urteil vom 10.01.2024 – 4 O 81/23). Nachdem der Versicherer eine Entschädigung abgelehnt hatte, weigerte sich die Wohnungseigentümergemeinschaft, als Verband eine Klage gegen diesen zu erheben und ermächtigte stattdessen den Eigentümer, Ansprüche aus der Versicherung wegen des ihm entstandenen Schadens „eigenständig geltend zu machen“.
Das Landgericht Berlin II wies die sodann von dem Eigentümer gegen den Versicherer erhobene Klage mit der Begründung ab, er sei schon nicht prozessführungsbefugt. Dem stehe die von der Wohnungseigentümergemeinschaft erteilte Ermächtigung zur eigenen Klageerhebung nicht entgegen, weil in den Versicherungsbedingungen geregelt ist, dass ausschließlich die Wohnungseigentümergemeinschaft als Versicherungsnehmer Rechte aus dem Versicherungsvertrag geltend machen könne, und sie somit auch allein prozessführungsbefugt sei.
Zwar wird durch diese Versicherungsklausel die gesetzliche Regelung des § 44 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG), wonach der einzelne Eigentümer die Ansprüche aus der Versicherung geltend machen kann, wenn er von dem Versicherungsnehmer – vorliegend die Wohnungseigentümergemeinschaft – dazu ermächtigt wurde, abbedungen. Dies, so das Landgericht Berlin II, sei aber – entgegen anderer Auffassungen – zulässig. Die Klausel sei wirksam und insbesondere nicht unbillig, weil der Versicherer ein legitimes Interesse daran habe, es im Streitfall nur mit dem Versicherungsnehmer und nicht parallel mit mehreren Beteiligten zu tun zu haben. Gerade bei einem Wasserschaden könne es sonst zu einer Vielzahl von Verfahren verschiedener Anspruchsteller kommen.
Fazit
Die Gebäudeversicherung einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist als sog. Versicherung für fremde Rechnung (§§ 43 VVG ff.) nicht einfach zu handhaben. Die Wohnungseigentümergemeinschaft schließt die Versicherung als Versicherungsnehmer für das gesamte Gebäude ab, d.h. sowohl für die im Gemeinschaftseigentum als auch die im Sondereigentum stehenden Bestandteile. Die einzelnen Miteigentümer sind sog. Versicherte. Inhaber der Entschädigungsansprüche gegen den Versicherer sind, soweit das Gemeinschaftseigentum betroffen ist, die Wohnungseigentümer gemeinsam, und hinsichtlich des Sondereigentums der einzelne Sondereigentümer. Zur Geltendmachung von Rechten aus der Versicherung ist aber grundsätzlich, egal ob Gemeinschafts- oder Sondereigentum oder beides betroffen ist, die Wohnungseigentümergemeinschaft als Versicherungsnehmer befugt.
Für den einzelnen Eigentümer, dessen Sondereigentum, z.B. ein Parkettboden geschädigt wurde, oder der einen Mietausfall erlitten hat, gibt es kein Problem, solange die Wohnungseigentümergemeinschaft die Anspruchsdurchsetzung gegen den Versicherer übernimmt. Weigert sich aber die Gemeinschaft, etwa aus Angst vor Prämienerhöhungen oder der Kündigung der Versicherung, die Ansprüche zu verfolgen, muss der Sondereigentümer selbst aktiv werden. Die Ansprüche wegen seines Schadens selbst einzuklagen setzt aber zweierlei voraus: die Wohnungseigentümergemeinschaft muss den Eigentümer dazu ermächtigen und eine solche Ermächtigung darf nicht durch die Versicherungs-bedingungen ausgeschlossen sein.
Ist die Anspruchsgeltendmachung durch den einzelnen Sondereigentümer im Versicherungsvertrag ausgeschlossen, muss bis zu einer klärenden Entscheidung durch den Bundesgerichtshof damit gerechnet werden, dass sich die Auffassung des Landgerichts Berlin II, nach der diese Regelung wirksam ist, durchsetzen wird. Dem betroffenen Eigentümer kann in diesem Fall nur geraten werden, gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft sein Recht darauf geltend zu machen, dass diese die Ansprüche aus der Versicherung wegen des von ihm erlittenen Schadens gegen den Versicherer durchsetzt. Denn dazu ist die Wohnungseigentümergemeinschaft im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung verpflichtet. Wie bei jedem Versicherungsfall gilt aber – für Eigentümer und Verwalter – zuallererst: Versicherungsbedingungen lesen!
Autor
Markus Kimpel
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
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