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Newsletter Immobilienrecht | Ausgabe November 2024

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Schonfristzahlung im „Kündigungsdoppel“ – BGH bleibt beständig

Der Bundesgerichtshof entschied jüngst erneut über die Frage, ob die Schonfristzahlung gekündigter Mieter lediglich die fristlose Kündigung oder auch die aufgrund derselben Mietrückstande hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung heilt. Das Ergebnis: Alter Wein in neuen Schläuchen – Mieter können sich im „Kündigungsdoppel“ bei einem nachträglichem Ausgleich der Mietrückstände nicht vor einem Räumungsverlangen des Vermieters retten, da die ordentliche Kündigung wirksam bleibt (Bundesgerichtshof, Urteil vom 23. Oktober 2024, Aktenzeichen: VIII ZR 106/23).

 

Der Fall

Die Beklagten – seit 1994 Mieter einer Berliner Wohnung – waren mit der Zahlung dreier Monatsmieten im Rückstand. Nach mehrmaliger schriftlicher Zahlungserinnerung durch den Vermieter, erklärte dieser mit Schreiben vom 8. Juni 2021 die fristlose und hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs. Am 30. Juni 2021 glichen die Beklagten die Mietrückstände vollständig aus. Wie man erwarten durfte, gab das Amtsgericht der anschließenden Räumungsklage aufgrund der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung statt.

Der Rechtsstreit sollte damit jedoch nicht enden, denn im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Berlin II witterten die Beklagten Erfolgsaussichten in zweiter Instanz. Die 66. Zivilkammer hatte sich in den vergangenen Jahren bezüglich der streitentscheidenden Frage „umfassender vs. beschränkter Mieterschutz“ wiederholt gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgesprochen. (Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Oktober 2021, Aktenzeichen: VIII ZR 91/20; Urteil vom 5. Oktober 2022, Aktenzeichen: VIII ZR 307/21). Zwar hielten die vorbenannten Entscheidungen des Landgerichts Berlin II den Revisionen nicht stand, dennoch verhielt sich das Landgericht im zugrundeliegenden Fall beharrlich und wies die Klage in zweiter Instanz ab. Wie in den Entscheidungen zuvor vertrat die 66. Zivilkammer die Auffassung, § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB erstrecke sich auch auf die ordentliche Kündigung, da die Schonfristzahlung der Vermeidung von Obdachlosigkeit mithin einem umfassenden Mieterschutz diene.

Allerdings belehrte der Bundesgerichtshof das Landgericht Berlin II im Dauerbrenner zwischen den Spruchkörpern zum dritten Mal eines Besseren und hob das Urteil in der Revision auf. Es entspreche dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers, das Nachholrecht des Mieters beschränkt zu betrachten. Damit widerspricht der 8. Zivilsenat sämtlichen Auslegungsversuchen der 66. Zivilkammer deutlich.

 

Fazit

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist konsequent und richtig. Entscheidet sich der Vermieter zur Beendigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzuges und unterstützt er die fristlose Kündigung bewusst durch hilfsweisen Ausspruch einer ordentliche Kündigung, dürfen seine Rechte nicht vollständig durch nachträglichen Ausgleich der Rückstände durch die Mieter abgeschnitten werden. Denn die durch die Schonfristzahlung eintretende Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung macht den Pflichtverstoß des Mieters und den damit verbundenen Vertrauensbruch nicht ungeschehen. Angesichts der beständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs laufen Vermieter – auch solche in Berlin – bis zu einer (nicht absehbaren) Gesetzesänderung also nicht Gefahr, dass ein „Kündigungsdoppel“ lediglich als Warnschuss gegenüber den Mietern verhallen kann.

 

Autor

Maximilian Müller-Stärke
Rechtsanwalt

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